Das sogenannte Berliner Testament erfreut sich großer Beliebtheit. Allerdings wird dabei häufig übersehen, dass mit der gegenseitigen Einsetzung von Ehegatten als Alleinerben gleichzeitig eine Enterbung pflichtteilsberechtigter Kinder verbunden ist. Dies kann in Fallgestaltungen, bei denen einer oder mehrere Pflichtteilsberechtigte sozialrechtliche Leistungen beziehen, zu Schwierigkeiten führen, da die Leistungsträger Pflichtteilsansprüche auf sich überleiten können und so die eigentliche Absicht der Eheleute, den überlebenden Ehegatten abzusichern, ins Leere laufen kann.
Eine solche Fallgestaltung lag auch dem Urteil des Landgerichts Mosbach zugrunde (Az.: 2 O 279/18). In dem zu entscheidenden Fall hatten Eltern und Kinder mündlich vereinbart, dass die Kinder nach dem Tode eines Elternteils keine Pflichtteilsansprüche geltend machen würden. Im Vertrauen auf diese Zusage der Kinder wurde kein notarieller Pflichtteilsverzicht erklärt.
Nach dem Tod des Vaters bestätigten die Kinder die Absprache noch einmal, um zu verhindern, dass die Mutter das Elternhaus verkaufen muss, um die Pflichtteilsansprüche bedienen zu können. Gleichwohl leitete der Sozialhilfeträger des einen Sohnes dessen vermeintliche Pflichtteilsansprüche auf sich über und erhob gegen die Witwe schließlich eine Klage. Jedoch verneinte das Gericht bereits das Bestehen eines Auskunftsanspruchs und wies die Klage insgesamt ab.
Pflichtteilsverzicht macht schön
Die Abrede der Kindern und der Witwe wertete es als einen Erlassvertrag. In seiner Zeugenvernehmung gab der Leistungen beziehende Sohn an, dass ihm das Bestehen eines Anspruchs durchaus bewusst gewesen sei. Aus Dankbarkeit gegenüber seinen Eltern, die sich aufgrund seiner Behinderung immer um ihn gekümmert und ihm ein weitestgehend selbständiges Leben ermöglicht hatten, habe er auf den Anspruch jedoch verzichten wollen.
Ein solcher Verzicht sei auch nicht sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB, urteilten die Richter. Hierzu hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, dass ein Pflichtteilsverzicht nicht deshalb sittenwidrig ist, weil er wirtschaftlich zulasten des Sozialhilfeträgers geht. Vielmehr sei der Pflichtteilsverzicht von der grundrechtlich durch Art 14 GG umfassten negativen Erbrechtsfreiheit umfasst, so dass nach dem Tod des Erblassers ein Erlassvertrag geschlossen werden könne. Dieser sei parallel zur Ausschlagungsmöglichkeit des Erben zu sehen und sittlich billigenswert, wenn der Erlass aus rein familiärer Verbundenheit und als Respektsbezeugung gegenüber der Lebensleistung der Eltern erklärt werde.
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