Die Verjährung von Ansprüchen beginnt nach § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Wann diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall vorliegen, ist mitunter nicht leicht zu bestimmen, wie das Urteil des OLG München vom 22.11.2021 zeigt.
Die Klägerinnen in diesem Verfahren sind die Töchter der Anfang 2014 verstorbenen Erblasserin. Diese machten gegenüber den durch ein Testament als Erbinnen eingesetzten Enkelinnen der Verstorbenen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend und begehrten Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Da diese Auskunft nach Ansicht der Klägerinnen nur bruchstückhaft erteilt wurde, erhoben sie im September des Jahres 2020 Klage.
Streit über die Wirksamkeit des Testaments
Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit der Parteien über die Wirksamkeit des Testaments der Erblasserin. In diesem Verfahren hatte das Nachlassgericht nach umfangreicher Beweisaufnahme im November 2016 festgestellt, dass das Testament wirksam errichtet worden sei. So wurde unter anderem ein Gutachten eingeholt, welches zu dem Ergebnis kam, dass das Testament eindeutig aus der Feder der Erblasserin stammte.
Gegen den Beschluss des Nachlassgerichts legten die Klägerinnen Beschwerde beim OLG München ein. Dabei bezogen sich die Einwendungen der Klägerinnen auf eine unterschiedliche Kugelschreiberpaste innerhalb des Testaments, auf eine möglicherweise parallel errichtete Vollmacht, auf Auffälligkeiten im Testament und auf eine Betreuungsanordnung. Da sich jedoch keiner diese Einwände auf das Ergebnis des Gutachtens bezog und die Urheberschaft des Testaments durch die Erblasserin somit zweifelsfrei feststand, wies das OLG die Beschwerde zurück
Das Klageverfahren
In dem anschließenden Klageverfahren beriefen sich die Beklagten unter anderem auf die Einrede der Verjährung, dies jedoch zunächst ohne Erfolg. Erst mit der Beschwerdeentscheidung des OLG München hätten die Klägerinnen Kenntnis von der Wirksamkeit der beeinträchtigenden Verfügung erhalten. Folglich habe Verjährungsfrist auch erst am Schluss des Jahres 2019 zu laufen begonnen.
Diese Entscheidung hielt einer erneuten Prüfung in der Berufungsinstanz durch das OLG München jedoch nicht stand. Spätestens durch den Beschluss des Nachlassgerichts hätten die Klägerinnen Kenntnis vom Erbfall, von der sei beeinträchtigenden Verfügung und von den Erbinnen gehabt. Aus diesem Grunde habe die Verjährungsfrist am Ende des Jahres 2016 zu laufen begonnen, so dass die Ansprüche der Klägerinnen mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt gewesen seien.
Auch auf einen Irrtum über die Wirksamkeit des Testaments könnten sich die Klägerinnen nicht berufen, da sämtliche von ihnen in dem Beschwerdeverfahren vorgebrachten Bedenken gegen die Wirksamkeit des Testaments von vorneherein von der Hand zu weisen waren. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Erbscheinsverfahren stand zweifelsfrei fest, dass die Erblasserin das Testament eigenhändig errichtet hatte. Auch die von den Klägerinnen im Beschwerdeverfahren erhobenen Bedenken konnten daran nichts ändern. Zudem führe alleine eine unsichere Rechtslage nicht nachträglich dazu, dass der Beginn der Verjährungsfrist nachträglich hinausgeschoben wird, wenn die Frist einmal zu laufen begonnen hat. Die Klage wurde daher auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen.
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